Victoria
Die Hauptstadt der Seychellen
An der Nordostküste Mahés, auf einer Seite von steilen Berghängen eingefasst, liegt die Hauptstadt der Republik der Seychellen. Sie vermittelt in ihrer Verträumtheit auf den ersten Blick nicht unbedingt, das kulturelle und administrative Zentrum einer Inselnation zu sein. Die lediglich zwei Dutzend Straßen und Gassen unterstreichen die Gemütlichkeit nicht nur der Stadt, sondern auch des Wesens der Seychellois grundsätzlich. Ganz im Sinne von “Schönheit wirkt im Stillen” sucht man hier vergeblich nach Parkhäusern, Leuchtreklame oder prahlendem Pomp - und findet auch nur zwei Ampeln. Mit etwa 25.000 Einwohnern stellt sie dennoch die größte Ansiedlung und einzige Stadt der Seychellen dar. Ihre Gründung geht auf französische Siedler im Jahr 1778 zurück, von den Briten wiederum erhielt sie ihren Namen, der ihr zu Ehren der Königin gegeben wurde.
Doch wie kann man sich das Provinznest nun vorstellen? Man denke an einen lebhaften kleinen Markt mit Fisch-, Obst- und Gemüseständen, an liebenswerte Restaurants, dazu an Büros, Banken und Shops. Optisch öffnet Victoria sich an der östlichen Seite zum Hafen und dem Meer mit den vorgelagerten Inseln des Ste. Anne Marine Nationalparks. Am New Pier legen Kreuzfahrtschiffe wie auch große Frachter und Tanker an, über den Seeweg findet nämlich ein reger Rohstoff- und Warenaustausch statt. Die wichtigsten Exporte dieses Hafens sind Gewürzvanille, Kokosnüsse und Kokosöl, Seifen, Thunfisch und Zimtrinde. Zum Stadtgebiet gehört auch der Internationale Flughafen, ein Botanischer Garten und eine Fachhochschule, außerdem Museen, Gotteshäuser, Büros von Unternehmen der Tourismusbranche, von Fluggesellschaften und Banken, es gibt ein Kino und Boutiquen.
Das Stadtbild wird überwiegend von Stein- und Holzhäusern aus dem frühen 20. Jahrhundert geprägt, welche mit ihren bunten Fassaden, Fensterläden und Ballustraden ein fröhliches Bild abgeben. Geht man an den Gebäuden vorbei - zum Teil durch herrlich verwinkelte Gassen - , steigen einem oftmals spannende Gewürzdüfte in die Nase, und wenn man einen Blick hineinwirft, entpuppt das Innere sich als kleiner Krämerladen, in den man sich prima für den Alltag eindecken kann. Morgens gegen 8 und nachmittags um etwa 16 Uhr kann man etwas mehr Leben in Victoria bemerken. Dies ist die Zeit, in der man einkaufen geht, vielleicht einen Kaffee trinkt, in der man “sieht und gesehen wird”. Doch dieses Schauspiel dauert nicht sehr lange an, denn um 17, spätestens um 18 Uhr schließen die Läden und werden die Bürgersteige in der Seychellen-Hauptstadt hochgeklappt. Entspannt kann man den Tag dann bei einem exotischen Cocktail in einem der Szenetreffs am Hafen ausklingen lassen. Wer mag, findet weitere Unterhaltung später auch noch in der Discothek oder der Spielautomatenhalle.
Victoria wartet gleich mit zwei Zentren auf: Das eine verläuft um den Clock Tower - die Nachbildung des Uhrturms an der Vauxhall Bridge in London und mittlerweile Wahrzeichen der Seychellen - , der sich in der Mitte des nördlichen Kreisverkehrs befindet. Um ihn herum befinden sich Banken, die Post, der Justizpalast und als gesellschaftlicher Mittelpunkt das Snackrestaurant “Pirates Arms” an der Independence Avenue.
Schräg gegenüber liegt das Nationalmuseum, etwas weiter die Straße entlang trifft man auf einige Reisebüros und die Touristeninformation, in der man sich mit Trail-Karten zum Wandern ausstatten kann. Das zweite Zentrum umgibt den Sir Selwyn Selwyn Clarke Market, der wiederum vom Uhrturm nur etwa fünf Fußminuten entfernt liegt. Ein Besuch lohnt sich, vor allem am frühen Samstagmorgen, wenn dort Hochbetrieb herrscht und Fische, Gewürze und exotische Früchte angeboten werden.
Vom Markt aus kann man nach Norden zur Revolution Avenue gehen, wo man weitere Snackrestaurants, Reisebüros und einen großen Supermarkt findet. Diese Straße führt im weiteren Verlauf auf die Passhöhe der Erhebung St. Louis und von dort in Serpentinen hinunter zum Beau Vallon Strand. Aus knapp 300 m Höhe kann man Victoria bestaunen, wenn man eine Wanderung unterhalb des Gipfels der Trois Frères unternimmt.
Durch Aufschüttungen wurden im nördlichen Teil des Hafenbeckens neue Flächen geschaffen, auf denen ein großer Sportkomplex, Tennisplätze, ein Schwimmstadion und eine Mehrzweckhalle errichtet wurden. Im angrenzenden neuen Ortsteil Roche Caiman entstand in dem Zuge ein Siedlungsgebiet mit ca. 2000 Wohneinheiten, die die expandierende Stadt dringend benötigte und die außerdem die Bautätigkeit in Mahés Bergen eindämmen sollen. Eden Island südlich von Victoria ist die elegante Version neuen Siedlungsraumes. Sie präsentiert sich modern mit Luxusvillen, edlen Bars und Restaurants, Jachthäfen und einem Shopping Center.
Victoria ist es zweifelsohne wert, etwas eingehender erkundet zu werden. So überschaubar sich das Städtchen auch zeigt - hier warten einige Spots darauf, spannende kulturelle und historische Fakten zu präsentieren.
Arul Mihu Navasakthi Vinayagar Temple
Von den Besuchern aus aller Welt wird an diesem, dem Gott Vinayagar gewidmeten Hindu-Heiligtum besonders das bunte, figurengeschmückte Portaldach bestaunt und fotografiert. Der knallbunte Lichtfang an der Quincy Street wurde 1992 errichtet und ist das Gotteshaus für die etwa 5.000 Hindus, die in Victoria leben. Wer sich nicht scheut, seine Schuhe auszuziehen und sie am Eingang abzustellen, darf die kleine Tempelanlage außerhalb der stattfindenden Zeremonien besichtigen.
Bel Air Cemetery
An der Bel Air Road gelegen, in einer Art Talkessel mit verfallenen Grabstätten und Sarkophagen, ruhen die ersten Bürger aus der Gründerzeit Victorias. Darunter soll sich auch ein mythenumwobener Jüngling, genannt der “Riese von Bel Air”, befinden. Über ihn wird erzählt, er solle bereits als 16-jähriger fast 3 m groß gewesen sein, so dass er große Fischerboote allein an Land getragen und einen Sack Reis mit einem Finger gehoben haben soll. In dem doppelt so langen Grab im erhöhten Teil des Friedhofs soll seine Ruhestätte sein. Der Bel Air Cemetery gehört zu den nationalen Denkmälern der Seychellen.
Bicentennial Monument
Diese Statue findet man inmitten des Freedom Square, der Kreuzung am Ostende der Independence Avenue, und sie besteht aus drei Paaren ausgedehnter weißer Flügel. Sie wurde 1978 aus Anlass des 200. Geburtstages von Victoria errichtet und von dem italienischen Künstler Lorenzo Appiani geschaffen, der auf den Seychellen lebte. Die drei Flügel sollen die Herkunft der Bevölkerung der Seychellen symbolisieren und stehen für die Mischung von ethnischen Gruppen dreier Kontinente: Afrika, Europa und Asien.
Clock Tower
Mitten auf der Kreuzung der Independence Avenue/Albert Street steht der Clock Tower (franz.: L’Horloge, kreol.: Lorloz), heute Wahrzeichen der Inselhauptstadt. Er wurde im Jahr 1903 zu Ehren der Queen aufgestellt. Auch wenn er hier und da als “Little Big Ben” bezeichnet wird, so orientiert er sich eigentlich an einem Uhrenturm, der in London seit 1897 an der Kreuzung Victoria Street/Vauxhall Bridge Road steht. Der damalige englische Gouverneur sah den Turm bei einem Besuch in London und bestellte daraufhin die kleinere Kopie. Besonderheit: Er schlägt stündlich gleich zwei Mal. Dies verhalf ihm zum Refrain des Songs “Going back to the Seychelles, where the clock strikes twice”.
Cathedral of Our Lady of Immaculate Conception
Die größte katholische Kirche der Seychellen, im Jahr 1892 erbaut und Mitte der 1990er Jahre renoviert, steht etwas erhöht und am Rand der Stadt. Die Neugestaltung der Kathedrale der Empfängnis geht auf den von den Seychellen stammenden Architekten Gilbert Frichot zurück, Tabernakel und Türen gestaltete der Bildhauer Egbert Marday. In brillanten Farben schimmern dazu die Kirchenfenster des von einem sehr gepflegten Garten umgebenen Sakralbaus. Neben der Kathedrale sieht man das 1934 erbaute zweigeschossige Priesterwohnhaus La Domus. Es besteht aus Granitstein und kann mit Fug und Recht als eines der besonders beeindruckenden Bauwerke der Seychellen bezeichnet werden. Unweit der Geschäftigkeit rund um den Marktplatz findet man in der Kirche einen besinnlichen Ort, der vor allem von Frauen zur Andacht genutzt wird oder um Blumen niederzulegen. Der sich hinter dem Bauwerk befindliche Glockenturm stammt aus dem Jahr 1898, das sich mit Arkaden präsentierende Kapuzinerhaus daneben ist von 1933. Das Gebäude fasst an die 700 Gläubige.
Kenwyn House
Neben dem Gebäude von Cable & Wireless steht das Kenwyn House, welches ebenfalls stilgetreu renoviert wurde und sicher zu den schönsten Bauwerken französischer Kolonialarchitektur gehört. Im Inneren gibt es ein exklusives Souvernirgeschäft, in dem man edle Mitbringsel wie südafrikanischen Schmuck erstehen kann, und in der dazugehörigen Galerie finden Kunstausstellungen seychellischer Maler statt.
Moschee von Victoria
Innerhalb der Vielzahl an Glaubensrichtungen, die auf Mahé harmonisch nebeneinander existieren, findet man auch eine kleine Moschee. Ihre vergoldete Kuppel leuchtet schon von Weitem aus dem umgebenden Grün empor.
National Cultural Centre
Hier hat man Gelegenheit, mehr über die Geschichte und Entwicklung der Stadt zu erfahren. Prähistorische Landkarten, einstige Feuerwaffen und weitere Gebrauchsgegenstände zählen zu den Exponaten, die im modernen Gebäude der Nationalbibliothek zu erkunden sind.
National Botanical Gardens
Dieses grüne Juwel der Stadt sollte unbedingt zum Ausflugsprogramm gehören, kann man sich hier doch einen plastischen Überblick über die prachtvolle Seychellen-Flora verschaffen und zum Teil auch die hiesige Tierwelt entdecken. Die am Eingang erhältliche Broschüre führt durch den üppigen Park und informiert über die einheimischen und importierten Baumarten sowie weitere der hier zu sehenden etwa 500 Pflanzen, darunter knapp 40 Palmenarten. Möchte man alle botanischen Spezialitäten der Seychellen zu sehen bekommen, so ist ein Gang von etwa ein bis zwei Stunden einzuplanen. Brotfrucht-, Papaya- und Muskatbäume, Indische Tamarinden und der Kanonenkugel-Baum, viele exotische Nutz- und Zierpflanzen und natürlich die berühmte Coco de Mer-Palme gehören dabei ebenso zu den potentiellen Fotoobjekten wie die hübschen Exemplare im 150 Arten umfassenden Orchideengarten. Zahlreiche einheimische Vögel wie auch Flughunde sind im oberen, überwiegend als natürlicher Nebelwald belassenen Teil zu bestaunen. Der Rundgang schließt mit einem großen Gehege, in dem Aldabra-Riesenlandschildkröten leben.
Im Jahr 1901 gründete der Botaniker und Agronom Paul Dupont von Mauritius den Garten, um auf die bedenkliche Entwicklung der Monokultur des Kokos- und Vanilleanbaus auf den Seychellen aufmerksam zu machen. In diesem 10.000 m² großen Refugium sollte nun Biodiversität erhalten und gefördert werden. Die von ihm mitgebrachten tropischen Gewächse bilden den Grundstock des heutigen Parks, den man an der Mont Fleuri Road im Süden der Stadt findet. An seinem höchsten Punkt kann man bei weitem Blick am kleinen Café ein Heiß- oder Erfrischungsgetränk erhalten, mittags und abends ist es auch möglich, sich hier mit einem kreolischen Imbiss zu stärken.
National Library Building
Ein moderner Stahl-/Glasbau an der Ecke Francis Rachel Street/4th June Avenue beherbergt eine umfangreiche Bibliothek. Wer mag, kann sich hier in angenehm klimatisierter Umgebung in interessante Themen wie die Geschichte, Geografie, Kultur oder Literatur der Seychellen vertiefen. Das seit 1995 hier vorhandene Archiv ist öffentlich zugänglich und der Eintritt kostenlos.
Seychelles Natural History Museum
Neben dem Hauptpostamt in der Independence Avenue ist ein kleines Museum mit Repliken, Bildern, Pflanzen und ausgestopften Tieren der Seychellen beheimatet. Hier ist keine Ausstellung mit Sensationswert zu erwarten, doch wer sich für Geschichte und Geografie interessiert, kann hier das eine oder andere Spannende entdecken, beispielsweise Schiffsmodelle von Segelbooten, mit denen die ersten Siedler vor Ort eintrafen, oder Karten, Fotografien und Zeichnungen, die Dokumente aus früherer Zeit sind. Der sogenannte Pierre de Possession - der Stein der Inbesitznahme - dürfte das bedeutendste Ausstellungsstück sein: Dieser wurde im Jahr 1756 installiert, um die Inbesitznahme der Seychellen durch das französische Königshaus zu symbolisieren. Außerdem unter den Exponaten: Ein etwa 180 Millionen Jahre alter, besonders harter Granitstein, auf den man 1981 bei Probebohrungen nach Öl stieß. Dieser dient als Beweis dafür, dass das Gestein der Seychellen sowie das Plateau, auf dem sich die Inseln befinden, zu den ältesten Erdformationen überhaupt zu zählen sind; zudem stärkt der Fund die Theorie, dass es sich aus historischer Sicht bei den Inseln um Abbruchteile von Gondwana, dem Urkontinent, handelt.
ACHTUNG: Das Natural History Museum ist aktuell aufgrund von Renovierungsarbeiten geschlossen.
State House
Vom Clock Tower aus in westlicher Richtung trifft man nach etwa 200 m auf ein Eingangstor, hinter dem sich ein üppig angelegter Garten und das 1913 errichtete State House befinden. Die einstige Residenz britischer Gouverneure, seit den 1970er Jahren Sitz der präsidialen Wohn- als auch Büroräumlichkeiten, ist normalerweise nur aus der Ferne zu bewundern. Es kann sich aber lohnen, in einem der Reisebüros der Stadt zu fragen, ob man dort diesbezüglich behilflich sein kann - denn das prachtvolle Idyll, das man auf dem Gelände findet, ist absolut einmalig. Alles, was Gäste der Regierung im Lauf der Jahrhunderte als Geschenke in Form von Blumen, Sträuchern und Bäumen überreichten, hat hier einen Platz bekommen und wird sorgsam gepflegt.
St. Paul’s Cathedral
Dieses Gotteshaus - zu finden an der Revolution Avenue, gegenüber des Uhrenturms - ist das älteste und größte anglikanische der Seychellen und gilt inzwischen als zweites Wahrzeichen des Archipels. Es wurde 1859 durch den ersten anglikanischen Bischof von Mauritius geweiht und Anfang des 21. Jahrhunderts einer Renovierung unterzogen, so dass es nun mit 800 Plätzen doppelt so viele Gläubige fasst wie vorher. Seit 1920 bilden die Seychellen mit Mauritius eine eigene Diözese, der zweite Bischofssitz liegt seitdem in St. Paul.
Sir Selwyn Selwyn Clarke Market
Eines der beiden Zentren von Victoria verläuft mitten in der Stadt, im Schatten eines großen Mangobaumes, rund um den Sir Selwyn Selwyn Clarke Market. Seinen Namen verdankt das 1840 erbaute Marktareal einem französischen, geadelten Gouverneur: Die Stände wurden von ihm errichtet und den Bauern und Fischern zur Verfügung gestellt, die hier ihre Ware verkaufen durften. Heute sind die Marktstände kommerzialisiert und oftmals verkaufen nicht mehr die Bauern selbst, sondern sie haben diese Aufgabe an Händler abgegeben. Bereits in den frühen Morgenstunden tummeln sich hier die Besucher und an zahlreichen Ständen werden Gemüse und Obst, Fische, Gewürze sowie handwerkliche Arbeiten feilgeboten. Die bunte, aromatische Vielfalt reicht von Limonen, Bananen, Papayas, Mangos Passionsfrüchten, Guaven, Ananas, Süßkartoffeln, Auberginen, Brotfrüchten und Maniok über Papageien-, Segel- und andere exotische Fische bis hin zu Chilis, Sternanis, Tamarinden, Zimt- und Vanillestangen, Hüten, Körben, Schnitzereien, Postkarten, Kleidung usw. In der ersten Etage findet man eine Galerie, auf der man sich das lebendige Treiben von oben anschauen kann. Hier kann man in Souvernirläden und an Kunsthandwerkständen auch noch das eine oder andere hübsche Andenken finden; außerdem gibt es ein nettes Café, in dem man in angenehmer Nähe zu den intensiven Farben, Stimmen und Gerüchen des Marktes entspannt verweilen und auch gut frühstücken oder zu Mittag einen Imbiss einnehmen kann.
ACHTUNG: Der Markt befindet sich aktuell aufgrund von Renovierungsarbeiten im Gebäude des ehemaligen STC Supermarktes, auf der Albert Street.
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